Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB

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Dezember 2022

Kaufpreisklauseln in Unternehmenskaufverträgen

Unternehmensverkäufe sind ein großes Risiko, weil der Vertragsinhalt sehr stark dafür maßgeblich ist, welcher Kaufpreis letztlich beim Veräußerer landet. Außerdem kann die Gestaltung der Kaufpreisklausel den vielleicht zunächst positiven Eindruck des angebotenen Kaufpreises für ein Unternehmen schnell relativieren.

Bedeutung der Kaufpreisfindung

Die Ausgangssituation für die Kaufpreisbemessung ist schwierig:
Der Käufer will einen möglichst niedrigen Kaufpreis bezahlen, der Verkäufer einen möglichst hohen Kaufpreis für sein Unternehmen erzielen

Die Höhe des Kaufpreises hängt häufig von der Unternehmensbewertung ab. Ausgangsbasis ist dabei das Ergebnis der Due Diligence Prüfung. Diese zeigt in der Regel die potentiellen Risiken des Unternehmens auf.

Kaufpreis bestimmend können auch subjektive Überlegungen sein, beispielsweise erhoffte Synergie-Effekte, Steuereffekte, aber auch Integrationskosten und Umstrukturierungskosten.

Letztlich wird der Kaufpreis individuell verhandelt.

Wirtschaftlich wirken sich auf den Kaufpreis auch Gesellschafterdarlehen und z.B. durch Gesellschafter übernommene Sicherheiten (Bürgschaften oder Grundschulden) aus.

Übliche Kaufpreismodelle beim Unternehmensverkauf

Die vertragliche Praxis geht in der Regel auf folgende Kaufpreismodelle zurück:

  • Vereinbarung eines Fest Kaufpreises
  • Vereinbarung eines vorläufigen Kaufpreises auf einer Formelbasis mit Anpassungsmechanismus
  • Vereinbarung eines variablen Kaufpreises, der am künftigen Erfolg des Unternehmens oder eine Mehrerlös orientiert ist (Earn-Out)

Wichtig ist der richtige Zeitpunkt für die Festlegung des Kaufpreises. Je früher dieser festgelegt wird, umso geringer das Risiko, dass man am Ende nicht mehr in Kaufpreisverhandlungen eintreten kann. Denn dann bewegt sich in der Regel nur wenig. Für den Verkäufer eines Unternehmens wird der Kaufpreis dann wohl eher niedriger.

Folgende Kaufpreismodelle haben sich bei Unternehmensverkäufen entwickelt:

  • Fester Kaufpreis (Locked Box)

Die meiste Klarheit für beide Vertragsparteien bietet ein fest bestimmter Kaufpreis in einer Summe. Das gilt jedenfalls für kleinere und mittlere Unternehmen. Etwaige Risiken, den Unternehmenswert bis zum Übergang zu schwächen, muss sich der Käufer durch entsprechende Garantien absichern lassen.
Nicht zu empfehlen: Offenlassen des Kaufpreises! Hier ist die Grundlage für Streit und ein Risiko für den Kaufvertragsabschluss gelegt.

Das bei Festkaufpreisen angewendete Locked-Box Modell hat folgende Eigenschaften:
Einerseits erhält der Verkäufer die Sicherheit, einen fixen Kaufpreis erhalten zu können. Andererseits wird der Käufer dadurch abgesichert, dass er umfassende Garantien hinsichtlich der Kapitalausstattung zur Vermeidung von Kapitalanteilabschlüssen an Gesellschafter erhält. Ferner wird ein engmaschiges Kontrollsystem zugunsten des Käufers vereinbart, wonach dieser wesentliche Geschäfte, die zu einer Beeinflussung der wirtschaftlichen Eigenschaften und der Finanzausstattung des Unternehmens, genehmigen muss.

  • Eigenkapital-Garantie, Cash & Debt Free / Working Capital Adjustment

Die Vereinbarung einer Eigenkapitalgarantie verliert in der Praxis zunehmend an Bedeutung. Wenn die Unternehmensbewertung etwa auf der Basis des Ertragswertverfahrens nach IDW S1 erfolgt, ist es ohnehin systemwidrig, ein Eigenkapital zu einem bestimmten Stichtag zu ermitteln.
Die Eigenkapitalgarantie soll Wertverluste vermeiden, die der Käufer bei übernommenen Vermögenspositionen erleiden könnte. Allerdings schützt sie nicht davor, dass etwa der Verkäufer noch vor Übertragung des Unternehmens Wirtschaftsgüter mit stillen Reserven veräußert und somit das Eigenkapital kurzfristig erhöht.
Eine Eigenkapitalgarantie würde auch Risiken zwischen den letzten testierten Bilanzen dem Übergangsstichtag zugunsten des Käufers absichern, allerdings auch nur insoweit, als sie bilanzielle Berücksichtigung finden. Ertragsveränderungen werden dadurch nicht vermieden.
Das Cash & Debt Free-Verfahren führt dazu, dass nicht betriebsnotwendige Vermögenswerte in Form von Barmitteln sowie Fremdverbindlichkeiten vorher eliminiert werden. Auf dieser Basis wird in der Regel vereinbart, dass Schulden nicht mitveräußert werden und die gesamte freie Liquidität dem Verkäufer zufällt. Diese Umstände bestimmen natürlich den Kaufpreis eines Unternehmens.
Allein eine solche Regelung würde jedoch zu Risiken zulasten des Käufers führen. So könnte der Verkäufer Investitionen unterlassen, um den Cash zu erhöhen, Anlagevermögen veräußern oder Vermögen verkaufen und wieder anmieten (Sale and Lease Back). Deswegen verlangt der Käufer vom Verkäufer die Garantie, dass negative Änderungen des Nettoumlaufvermögens den Kaufpreis senken.
Ferner werden sogenannte Covernants vereinbart, d. h. die Garantie des Verkäufers, dass in der Zeit zwischen dem Abschluss des Kaufvertrages und der Übergabe des Geschäftsbetriebes die Geschäfte im Einklang mit der in der Vergangenheit geübten Praxis sowie mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns geführt worden. Eine solche Klausel ist in der Regel dann Anknüpfungspunkt für Folgestreitigkeiten, wenn der Käufer Veränderungen im Netto-Umlaufvermögen entgegen der Vereinbarung vorgenommen hatte.

Unter anderem sind wir bei einem weiteren Problem:
Eine genaue Definition, wie das Nettoumlaufvermögen zu definieren ist, gibt es nicht. Um hier spätere Streitereien jedoch zu vermeiden, sollte man ein möglichst großes Maß an Klarheit schaffen. Deswegen empfiehlt es sich, unter Bezugnahme auf die Begriffsdefinition für die Bilanz im HGB, gegebenenfalls auch unterlegt durch einen Kontenrahmen der Gesellschaft, genau zu definieren, welche Bilanzpositionen zum Nettoumlaufvermögen gehören sollen.
Zu bedenken ist auch, dass bei einem Unternehmenskauf immer das System der Kaufpreisanpassung mit der zuvor erfolgten Unternehmensbewertung und den im Kaufvertrag enthaltenen Garantien geknüpftes. Das bedeutet, dass die Frage der Unternehmensbewertung unmittelbare Auswirkungen auf das System der Kaufpreisfindung hat. Gibt der Verkäufer z.B. mit dem letzten Jahresabschluss eine Garantie ab und zeigen sich später Mängel, die den Ertrag der Gesellschaft für die Zukunft negativ beeinflussen, wirkt ein sich daraus ergebender Schadenersatzanspruch des Käufers natürlich wie eine Kaufpreisanpassung aus. Hat man den Kaufpreis somit mittels eines Multiplikators entwickelt, besteht die Gefahr, dass auch der Schadensersatzanspruch mit einem Multiplikator ermittelt wird und dadurch eine sehr überraschende und nicht erwartete Größenordnung erhält. Der Käufer könnte bei einem die Ertragskraft beeinträchtigenden Mangel ferner verlangen, dass der Schaden abgezinst werden muss. Beim IDW S1-Bewertungsverfahren würde dies zu einer Abzinsung gegen unendlich führen, was eine enorme Kaufpreisreduzierung im Schadensfall nach sich ziehen würde.
Somit ist zu empfehlen: Beide Parteien sollten eine klarstellende Regelung in den Kaufvertrag aufzunehmen, wonach die Multiplikation oder Abzinsung des Schadens ausgeschlossen ist, um hier eine unerwartete Schadensexpansion zu vermeiden.

  • Variable Kaufpreisklauseln (Earn-Out)

Es kann Situationen geben, in denen der Käufer nicht bereit ist, den vollen Kaufpreis sofort in einer Summe zu begleichen. Vielmehr hat er ein Interesse daran, einen bestimmten Kaufpreisanteil an die zukünftige Gewinnentwicklung des Unternehmens zu knüpfen. Das ist insbesondere bei solchen Unternehmenskäufen der Fall, in denen die Ertragskraft der Zielgesellschaft hohen Schwankungen unterliegt oder wenn etwa das Unternehmen von einer technologischen Neuentwicklung abhängig ist, dessen Durchsetzung am Markt noch offen ist.
Ferner ist es nicht ausgeschlossen, dass Verkäufer und Käufer völlig unterschiedliche Ansichten darüber haben, was das Unternehmen wert ist. Dabei steht einerseits das Interesse des Käufers im Raum, den Verkäufer nicht vollständig aus dem Risiko der künftigen Unternehmensentwicklung zu entlassen. Andererseits will der Verkäufer einen Ausgleich dafür bekommen, dass er den vollständigen Kaufpreis nicht sofort erhält. Denn hier stellt sich in der Regel zudem das Problem, dass der Verkäufer aus der Geschäftsführung ausscheidet und somit wesentlichen Einfluss auf die künftige Geschäftsentwicklung verliert.
Um diese Unsicherheit möglich zu begrenzen, empfehlen sich folgende Regelungen:
Zum einen sollte die Earn-Out Periode nicht zu lang gestaltet werden. In der Praxis schwanken die Laufzeiten zwischen einem und drei Jahren.
Denkbar ist auch, dass der Verkäufer nicht 100 % seiner Gesellschaftsanteile veräußert, sondern lediglich einen Teil (z.B. 75 %) und dem Käufer das Optionsrecht einräumen, die restlichen Anteile zu erwerben und den Kaufpreis für die restlichen Anteile an Parameter einer bestimmten Ertragsentwicklung geknüpft werden. Somit kann auch der Verkäufer hinsichtlich seiner restlichen Gesellschaftsanteile von einer guten Unternehmensentwicklung noch profitieren.
Ferner kann sich der Verkäufer vertraglich noch bestimmte Einflussmöglichkeiten auf das Unternehmen sichern, zumindest aber einen Anspruch auf umfassende Informationsgewährung einräumen lassen.
Für den Earn-Out-Kaufpreisanteil sollten die wesentlichen Voraussetzungen im Vorfeld definiert werden. Auch hier gibt es eine gewisse Bandbreite an Möglichkeiten:

  • So kann der Earn-Out-Kaufpreisanteil rein an der finanziellen Entwicklung, d. h. der Ertragsentwicklung orientiert sein oder aber z.B. an der erfolgreichen Markteinführung eines neuen Produkts, verbunden mit der Erreichung bestimmter Produktionsgrößen.
  • Geklärt werden sollte, nach welchen Bilanzierungsgrundsätzen die Bilanz zur Ermittlung des Earn-Out -Kaufpreisanteils aufgestellt werden soll.
  • Geklärt werden sollte, um welche Positionen die Bilanz gegebenenfalls bereinigt werden sollte.
  • Aus der Sicht des Käufers interessant ist beispielsweise die Deckung des variablen Kaufpreisanteils.
  • Ferner sollte man sich auch darüber Gedanken machen, wie die Zahlung erfolgt, entweder in einer Summe am Ende der Earn-Out -Periode oder durch wiederkehrende Zahlungen.

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