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November 2021

BFH: Vergleichszahlung unter Miterben kann Erbschaftssteuer senken

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte in seinem Urteil vom 06.05.2021 (Az. II R 24/19) darüber zu entscheiden, ob eine Vergleichszahlung eines Miterben, der vor dem Tod seiner Mutter von dieser ein Grundstück geschenkt bekommen hatte, zur Abwendung von Herausgabeansprüchen seiner Brüder als weitere Miterben als Aufwendungen bzgl. der ErbschSt steuermindernd geltend machen kann.

Sachverhalt

In den Jahren 2000 und 2003 schenkte die Mutter des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) diesem schrittweise ein Grundstück. In 2004 setzte die Beklagte und Revisionsklägerin (Finanzamt) für die Schenkung in 2003 Schenkungssteuer fest. Ursprünglich waren die Mutter und der Vater des Klägers zu je ½ Miteigentümer des Grundstücks. Nach dem Tod des Vaters 1997 wurde die Mutter gem. gemeinsamen Ehegattentestaments Alleinerbin des verstorbenen Ehemanns und somit Alleineigentümerin des Grundstücks. Der Kläger und seine zwei Brüder sollten nach dem Tod der Mutter Schlusserben werden. Nach dem Tod der Mutter in 2011 wurde vom Nachlassgericht festgestellt, dass das Testament beim Tod des Vaters falsch ausgelegt wurde. Tatsächlich sei die Mutter beim Tod des Ehemannes dessen Vorerbin geworden und der Kläger mit seinen Brüdern Nacherbe. Daraufhin machten die Brüder vor dem Zivilgericht gegen den Kläger Ansprüche auf Rückübertragung des Grundstücks bzw. Wertersatz in Geld geltend. Zur Abgeltung sämtlicher wechselseitiger Ansprüche zahlte der Kläger aufgrund eines Vergleichs in 2015 einen Betrag von 150.000 € an seine Brüder. Im gleichen Jahr beantragte der Kläger beim Finanzamt die Änderung des Schenkungssteuerbescheids aus 2004 und die Berücksichtigung der Vergleichszahlung von 150.000 € als Kosten zur Erlangung des Erwerbs gemäß Erbschaftsteuergesetz. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab. Es war der Ansicht, die Vergleichszahlung in 2015 stelle keine Kosten zur Erlangung des Erwerbs dar, da der Kläger bereits in 2003 Alleineigentümer des Grundstücks geworden sei. Die Kosten stünden nicht im Zusammenhang mit der Schenkung, sondern mit dem Erbfall nach dem Tod der Mutter. Das anschließende Einspruchsverfahren verlief erfolglos. Die Klage des Klägers vor dem Finanzgericht hatte jedoch Erfolg. Hiergegen richtete sich die Revision des Finanzamts.

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Ansicht des Finanzgerichts. Die Vergleichszahlung des Klägers an seine Brüder, damit die Schenkung nicht mehr bestritten wird, gehört zu den unmittelbar im Zusammenhang mit der Erlangung des Erwerbs stehenden Kosten und mindert so die Bereicherung des Klägers bei der Schenkung. Die Vergleichszahlung stehe trotz des zeitlichen Abstands im direkten Zusammenhang mit der Schenkung, da die Herausgabeansprüche durch die Brüder erst mit dem Tod der Mutter geltend gemacht werden konnten. Die Zahlung an die Brüder diene zur Abwehr dieser Herausgabeansprüche, um so dem Kläger das geschenkte Grundstück zu sichern. Die Zahlung als Kosten zur Erlangung des Erwerbs wirke für den Beschenkten auf den Zeitpunkt der Schenkung zurück. Der Schenkungssteuerbescheid 2004 war wegen dieses rückwirkenden Ereignisses entsprechend zu ändern.

Praxishinweis

Die Entscheidung des BFH stellt nochmals klar, dass sich auch Kosten, welche erst deutlich nach dem Zeitpunkt der Schenkung bzw. des Erbfalls entstehen, auf die Höhe des zu versteuernden Betrages auswirken können. Wichtig bei solchen Kosten ist stets der inhaltliche und zeitliche Zusammenhang mit der Erlangung bzw. Sicherung des Geschenkten bzw. der Erbenstellung. Ob ein solcher Zusammenhang besteht, sollte insbesondere auch bei nachträglich anfallenden Kosten regelmäßig geprüft werden. Wird ein entsprechender Zusammenhang erkannt, kann dies im Einzelfall zu erheblichen Steuerersparnissen führen.

Thorsten Ruffing
Rechtsanwalt
Tätigkeitsschwerpunkte: Steuerrecht, Erbrecht
Tel. +49 821. 65 05 340
ruffing@dr-hille-heinemann.de

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