Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
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Februar 2025
Das Supervermächtnis: Ein ernsthafter Konkurrent für das Ehegattentestament
In der Nachfolgeplanung von Ehegatten stellt das sogenannte Supervermächtnis ein wichtiges Instrument dar, um steuerliche Nachteile des klassischen gemeinschaftlichen Testaments zu vermeiden, ohne auf die zivilrechtlichen Vorteile zu verzichten. Trotz der bestehenden steuerlichen Defizite des Berliner Testaments bleibt es eine häufig genutzte Gestaltungsmöglichkeit. Das Supervermächtnis schafft die Möglichkeit, die steuerliche Nachlassverteilung zu optimieren und gleichzeitig die Entscheidungsfreiheit des überlebenden Ehegatten zu erhalten.
Herausforderungen des klassischen Berliner Testaments
Das Berliner Testament ist eine der bekanntesten Formen des gemeinschaftlichen Testaments für Ehegatten. Darin setzen sich beide Partner gegenseitig als Alleinerben ein, wobei die gemeinsamen Kinder nach dem Tod des zweiten Ehepartners erben. Allerdings entstehen durch diese Regelung steuerliche Nachteile: Da der überlebende Ehegatte als Alleinerbe eingesetzt wird, verlieren die Kinder ihre Freibeträge bei der Erbschaftsteuer, was zu einer doppelten Steuerbelastung führen kann. Zudem ergibt sich bei größeren Vermögen ein Progressionsnachteil, weil der Nachlass des zweitversterbenden Ehegatten dann unter höheren Steuersätzen versteuert wird.
Lösungsansatz: Das Supervermächtnis
Das Supervermächtnis bietet eine steuerlich vorteilhaftere Alternative. Dabei handelt es sich um ein flexibles Gestaltungselement, bei dem der überlebende Ehegatte nach dem Tod des ersten Ehepartners bestimmte Entscheidungen treffen kann, um die steuerliche Belastung zu minimieren. So bleibt er als Alleinerbe eingesetzt, während für die Kinder Vermächtnisse vorgesehen werden. Diese Vermächtnisse können nach den steuerlichen Freibeträgen und Progressionsstufen optimiert werden, sodass eine möglichst steuereffiziente Nachlassverteilung möglich ist.
Zivilrechtliche Gestaltung des Supervermächtnisses
Wesentliche Ziele des Supervermächtnisses sind:
- Erhalt der Vorteile des Berliner Testaments (z.B. Alleinerbenstellung des überlebenden Ehegatten).
- Vermeidung steuerlicher Nachteile.
- Verlagerung der steuerlichen Nachfolgeplanung auf einen Zeitpunkt nach dem plötzlichen Tod eines Ehegatten, was in Notfallvorsorgetestamenten von Bedeutung ist.
Die zivilrechtliche Struktur des Supervermächtnisses ermöglicht es, dass der überlebende Ehegatte nach dem ersten Erbfall selbst den Zweck (z.B. Abfindung für enterbte Kinder) und die Höhe des Vermächtnisses bestimmt. Dadurch bleibt seine Verfügungsfreiheit erhalten, um auf mögliche Veränderungen in seiner Lebenssituation zu reagieren. Das Supervermächtnis wird als „Bestimmungsvermächtnis“ bezeichnet, bei dem die genauen Details des Vermächtnisses erst nach dem Tod des ersten Ehepartners festgelegt werden. Dies bietet auch Flexibilität in Notfällen, wenn beispielsweise Testamente nicht regelmäßig angepasst werden.
Kritik und rechtliche Hürden beim Supervermächtnis
Kritiker des Supervermächtnisses, wie Kanzleiter und Otte, werfen vor, dass es gegen den Grundsatz der „Höchstpersönlichkeit“ verstoße, da die Entscheidung über das Vermächtnis nicht direkt durch den Erblasser, sondern durch den überlebenden Ehegatten getroffen wird. Diese Kritik kann jedoch entkräftet werden, indem die Zweckbestimmung des Vermächtnisses klar definiert wird, zum Beispiel als Abfindung für die enterbten Kinder oder zur Nutzung der steuerlichen Freibeträge. Das Oberlandesgericht Hamm hat kürzlich die zivilrechtliche Zulässigkeit des Supervermächtnisses bestätigt und seine Flexibilität in der Nachfolgeplanung anerkannt.
Steuerliche Aspekte des Supervermächtnisses
Die steuerliche Wirksamkeit des Supervermächtnisses stellt sicher, dass das gemeinsame Vermögen möglichst steuergünstig auf die Abkömmlinge übertragen wird. Es wird jedoch auch diskutiert, ob das Supervermächtnis als Gestaltungsmissbrauch eingestuft werden könnte. Die steuerliche Bewertung hängt von der genauen Ausgestaltung des Vermächtnisses ab, wobei eine Fälligkeit des Vermächtnisses nach dem Tod des Erstversterbenden nicht gegeben sein muss. Das Supervermächtnis ermöglicht es, steuerliche Freibeträge und Progressionsstufen zu nutzen, ohne die Steuerregeln zu umgehen.
Fazit zum Supervermächtnis
Das Supervermächtnis ist eine wertvolle Option für Ehegatten, die eine steuerlich optimierte Nachfolgeplanung wünschen, ohne auf die Vorteile des klassischen gemeinschaftlichen Testaments zu verzichten. Durch die flexible Gestaltung kann der überlebende Ehegatte auf Veränderungen reagieren und gleichzeitig die steuerlichen Belastungen minimieren. Angesichts der rechtlichen und steuerlichen Vorteile ist es eine empfehlenswerte Option für die Nachfolgeplanung, insbesondere wenn regelmäßige Anpassungen des Testaments nicht immer möglich sind. Um jedoch steuerlichen Gestaltungsmissbrauch zu vermeiden, sollte hierauf bei der Abfassung des Supervermächtnisses geachtet werden.

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