Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
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August 2024
Herausforderungen beim Management-Buy-Out
Eine besondere Form des Unternehmensverkaufes ist das sogenannte Management-Buy-out. In diesem Fall erwirbt ein leitender Manager im Rahmen eines Unternehmensverkaufes Anteile an der bestehenden oder künftigen Zielgesellschaft. Dies kann auch ein Instrument der Unternehmensnachfolge sein. Wenn z.B. verdiente Mitarbeiter oder leitende Angestellte bereit und in der Lage sind, Anteile am Unternehmen ihres bisherigen Arbeitgebers, dessen bisheriger Inhaber in den Ruhestand treten will, zu erwerben, so kann darin eine Unternehmensnachfolge-Perspektive liegen.
Interessenskonflikt der Geschäftsführer beim Management-Buy-Out?
Besondere Herausforderungen stellen sich aber dann, wenn der Geschäftsführer des Unternehmens, welches verkauft werden soll, und derjenige der künftigen Zielgesellschaft, personenidentisch sind.
Folgendes Beispiel: Ein Unternehmen aus dem Maschinenbau soll verkauft werden, indem die Gesellschafter ihre Anteile an einen neuen Gesellschafter verkaufen. In dieser Zielgesellschaft soll der bisherige Geschäftsführer auch Geschäftsführer werden und zudem auch eigene Anteile an jener Gesellschaft erhalten.
Man stelle sich nun die Verhandlungssituation vor: Der alte und neue Geschäftsführer vertritt zunächst die Verkäuferin und somit auch deren Interessen im Rahmen der Verkaufsverhandlungen. Künftig ist er jedoch gesetzlicher Vertreter der Zielgesellschaft und hat somit die Interessen der Käuferin zu vertreten. Ein elementarer Interessenkonflikt liegt vor.
Aufklärungspflicht des Verkäufers beim Management-Buy-Out
Wenn Käufer und Verkäufer von Geschäftsanteilen einer GmbH (Share deal) über den Verkauf der Anteile verhandeln, kommt ein vorvertragliches Schuldverhältnis zustande (§ 311 Abs. 2 BGB). Aus diesem Umstand resultieren Aufklärungspflichten seitens des Verkäufers gegenüber dem Käufer. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH hat der Verkäufer ein zutreffendes Bild von den wertbildenden Faktoren des Unternehmens, dessen Anteile veräußert werden sollen, dem Kaufinteressenten darzulegen. Dies geschieht in erster Linie anhand von Bilanzen und betriebswirtschaftlichen Auswertungen oder sonstigen Buchführungsunterlagen. Es sind aus der Sicht des BGH aber – je nach Einzelfall – noch ergänzende Auskünfte erforderlich. Selbst wenn der Kaufinteressent aus der gleichen Branche stammt, kann dieser nicht sämtliche Umstände zur Umsatz- und Ertragslage des Unternehmens anhand der vorgenannten Unterlagen erkennen. So erstreckt sich die Aufklärungspflicht auch auf alle solche Umstände, welche die Ertragskraft des Unternehmens beeinträchtigen, insbesondere drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung (so BGH, Urteil vom 4.4.2001, Aktenzeichen VIII ZR 32/00). Klärt also der Geschäftsführer der verkaufenden Gesellschaft über etwaige Insolvenzrisiken nicht auf, haftet die Verkäuferin der Geschäftsanteile für etwaige dadurch entstehende Schäden auf Käuferseite, da der Geschäftsführer als Erfüllungsgehilfe des Verkäufers zu betrachten ist.
Eine besondere Brisanz entsteht aber dann, wenn erst nach Vollzug der Transaktion die mangelnde Aufklärung zutage tritt und erst dann die Insolvenzreife des Unternehmens deutlich wird. Wird der Geschäftsführer der Verkäuferin zugleich Geschäftsführer der neuen Zielgesellschaft, stellt sich die Frage, ob sein Wissen über Insolvenzrisiken nunmehr auch der Käuferin zugerechnet werden können, deren Vertreter er im Zuge des Verkaufes geworden ist. Das OLG Düsseldorf hat dies in seinem Urteil vom 16.6.2016 (Aktenzeichen I-6U 20/15) so gesehen. Das OLG hat entschieden, dass sich die Käuferin das Wissen ihres Geschäftsführers zurechnen lassen muss, weil dieser noch am Tag des Kaufvertragsabschlusses zum Mitgeschäftsführer der Käuferin geworden ist, was von vornherein geplant war. Da damit die Käuferin so gestellt wird, als hätte sie von den Insolvenzrisiken gewusst, scheidet ein Schadensersatzanspruch gegenüber dem Verkäufer aus.
Vertragliche Regelung beim Management-Buy-Out erforderlich
Diese Lösung erscheint jedoch in mancher Hinsicht nicht hinnehmbar. Bliebe doch die Käuferin tatsächlich auf ihrem Schaden sitzen. Folglich ist es angezeigt, im Unternehmenskaufvertrag eine Klausel vorzusehen, wonach im Falle des Wechsels des Geschäftsführers der Verkäuferin als Mitgeschäftsführer zur Käuferin dessen Wissen der Käuferin nicht zugerechnet werden wird, um die Käuferin nicht so zu stellen, als hätte sie von etwaigen aufklärungspflichtigen Umständen gewusst. Diese Entscheidung des OLG Düsseldorf hat eine wesentliche Bedeutung für die sogenannten Management-Buy-out-Fälle. Es ist daher anzuraten, den Unternehmenskaufvertrag so zu gestalten, dass Ansprüche der Käuferin aufgrund des Geschäftsführerwechsels nicht entfallen.
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