Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB

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November 2023

Insolvenz des Geschäftspartners – Sichert eine Grundschuld meine Ansprüche?

Gerät der Geschäftspartner in die Krise und Insolvenz, stellt sich jeder Unternehmer die Frage: Was passiert mit meinen Ansprüchen? In vielen Fällen bleibt den betroffenen Gläubigern nicht mehr als die Anmeldung der Ansprüche zur Insolvenztabelle mit einer marginalen Quotenaussicht am Ende des Insolvenzverfahrens nach mehreren Jahren. Um nicht komplett leer auszugehen, können Unternehmer und Gläubiger frühzeitig im Vertragsverhältnis mit dem Schuldner Sicherheiten vereinbaren, die dem Gläubiger im Insolvenzverfahren eine Chance auf Erhalt seiner Ansprüche gibt.

Die Grundschuld als Sicherungsmittel

Bekannt ist das Sicherungsmittel der Grundschuld im Geschäftsverkehr mit Banken. Doch nicht nur Banken, sondern jeder Gläubiger kann mit dem Schuldner vereinbaren, dass eine Grundschuld an einer Immobilie des Schuldners bestellt wird. Eine Grundschuld kann in bestimmten Fällen dazu dienen, Ansprüche des Gläubigers in der Insolvenz zu sichern. Die Grundschuld ist eine Sicherheit, die auf einem Grundstück oder einer Immobilie lastet und dem Gläubiger im Falle einer Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ermöglicht, das Grundstück zu verwerten, um seine Ansprüche zu befriedigen. Dies gilt außerhalb der Insolvenz des Schuldners.

Doch auch in der Insolvenz des Schuldners und innerhalb des Insolvenzverfahrens hat der Gläubiger mit seinen Ansprüchen, soweit sie gesichert sind, besondere Rechte gegenüber der Insolvenzmasse und einem Insolvenzverwalter. Im Insolvenzverfahren werden die Vermögenswerte des Schuldners von einem Insolvenzverwalter verwaltet, der die Interessen aller Gläubiger berücksichtigen muss. Die Wirksamkeit einer Grundschuld hängt daher von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. dem Wert des Grundstücks, anderen bestehenden Belastungen und auch dem Zeitpunkt, an dem die Grundschuld vereinbart und im Grundbuch eingetragen wurde.

Zeitpunkt der Bestellung der Grundschuld – Kann der Insolvenzverwalter die Grundschuld anfechten?

Der Zeitpunkt der Bestellung der Grundschuld ist in vielen Fällen der Insolvenz ein wichtiger Faktor. Denn der Insolvenzverwalter kann unter bestimmten Umständen die Bestellung der Grundschuld insolvenzrechtlich anfechten. Hierzu gibt das Gesetz dem Insolvenzverwalter die §§ 129 ff. InsO an die Hand, mithilfe derer der Insolvenzverwalter – zur Not auch gerichtlich – durchsetzen kann, dass der Gläubiger aus der Grundschuld eben keine Rechte herleiten kann.  Gerade wenn der Schuldner kurz vor oder während des Insolvenzverfahrens eine Grundschuld zugunsten eines Gläubigers bestellt hat und dadurch andere Gläubiger benachteiligt werden, kann der Insolvenzverwalter die Anfechtung der Grundschuld erklären mit der Folge, dass der Gläubiger aus der Grundschuld nichts erhält. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Grundschuld nicht in angemessener Höhe besichert oder wenn sie in einem ungewöhnlich hohen Maße den Wert des belasteten Grundstücks übersteigt. Die genauen Voraussetzungen für eine Insolvenzanfechtung durch den Insolvenzverwalter können von Fall zu Fall variieren und sind von der konkreten Fallgestaltung abhängig.

Kann ich als Gläubiger eine Insolvenzanfechtung vermeiden?

Der Insolvenzverwalter prüft alle Sachverhalte im Rahmen eines Insolvenzverfahrens umfassend und stellt sicher, dass alle Gläubiger gleichmäßig aus der Insolvenzmasse etwas erhalten. Durch die Insolvenzanfechtung holt er ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen an einzelne Gläubiger zur Insolvenzmasse zurück. Um als Gläubiger etwaige Anfechtungsrisiken zu vermeiden, empfehlen sich im Laufe einer Geschäftsbeziehung Maßnahmen, die Umfang und Berechtigung von Grundschuld sowie der zugrundeliegenden Ansprüche nachvollziehbar zu dokumentieren.

Zunächst sollte sichergestellt sein, dass die Grundschuld angemessen besichert und den Wert des belasteten Grundstücks nicht übersteigt. Eine unangemessene Besicherung könnte ein Angriffspunkt für den Insolvenzverwalter sein.

Darüber hinaus sollte die Benachteiligung anderer Gläubiger vermieden werden. Die Bestellung der Grundschuld darf nicht dazu führen, dass andere Gläubiger benachteiligt werden. Auch in diesem Fall droht eine Insolvenzanfechtung durch den Insolvenzverwalter.

Nicht zuletzt sollten im eigenen Interesse alle Geschäftsvorfälle schriftlich dokumentiert werden. Es sollten alle Transaktionen und Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Grundschuld sorgfältig schriftlich festgehalten werden. Eine klare Dokumentation kann helfen, Streitigkeiten zu vermeiden und den Insolvenzverwalter davon zu überzeugen, dass die Transaktion und die Bestellung der Grundschuld rechtmäßig waren.

In welcher Höhe ist die Besicherung angemessen?

Im Insolvenzfall kann die Frage nach der angemessenen Höhe der Besicherung einer Grundschuld komplex sein. Es hängt von den individuellen Umständen und Vereinbarungen zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner ab. Eine angemessene Besicherung könnte darin zu sehen sein, dass die Grundschuld den Betrag der geschuldeten Summe einschließlich Zinsen und Kosten deckt oder dass sie einen bestimmten Prozentsatz des Verkehrswerts des Grundstücks nicht überschreitet.

Welche Alternativen zur Grundschuld hat der Gläubiger für den Fall der Insolvenz des Schuldners?

Der Unternehmer und Gläubiger hat aber auch andere Möglichkeiten, seine Ansprüche für den Insolvenzfall des Schuldners abzusichern. Es gibt verschiedene Alternativen zur Grundschuld, die ein Gläubiger in Betracht ziehen kann.

  • Sicherungsübereignung: Statt der Bestellung einer Grundschuld kann der Gläubiger die Vereinbarung einer Sicherungsübereignung in Erwägung ziehen. Hierdurch überträgt der Schuldner das Eigentum an einem beweglichen Gegenstand (z.B. Fahrzeug, Maschinen) auf den Gläubiger, um die Forderung abzusichern.
  • Bürgschaft: Durch die Bürgschaft verpflichtet sich eine dritte Partei im Falle des Zahlungsausfalls des Schuldners für die Ansprüche des Gläubigers einzustehen.
  • Pfandrecht: Der Gläubiger und der Schuldner können ein Pfandrecht an beweglichen Gegenständen oder Wertpapieren des Schuldners vertraglich bestellen, um die Ansprüche des Gläubigers abzusichern.
  • Abtretung von Forderungen: Der Schuldner kann dem Gläubiger seine Forderungen gegenüber Dritten abtreten, um die Ansprüche des Gläubigers zu befriedigen.
  • Globalzession: Der Schuldner kann dem Gläubiger sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen gegenüber Dritten abtreten, um die Forderung des Gläubigers abzusichern.

Diese Aufzählung ist nicht abschließend, nicht jedes Sicherungsmittel ist für jeden Fall beliebig anwendbar. Zu beachten ist für alle Sicherungsmittel, dass diese in angemessener Höhe und auch rechtzeitig vereinbart werden, d.h. nicht erst wenn eine Krise oder gar Insolvenz zu Tage tritt.

Fazit

Im Laufe einer Geschäftsbeziehung – mag sie noch so gut und stabil erscheinen – sollte der Unternehmer und Geschäftsführer des Gläubigers stets die Bonität seines Geschäftspartners im Auge behalten und prüfen. Die Frage der Sicherung von Ansprüchen stellt sich nicht erst, wenn die Krise sichtbar ist, denn dann ist es unter insolvenzrechtlichen Gesichtspunkten vielfach schon zu spät, gerade wenn man um die Anfechtungsmöglichkeiten eines Insolvenzverwalters weiß.

Wir von Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte unterstützen Sie gerne bei der Prüfung der Sicherung Ihrer berechtigten Ansprüche und bei der Wahl der geeigneten Sicherungsmittel. Wenn Sie Fragen rund um das Thema Insolvenz, Insolvenzanfechtung sowie Grundschuld und andere Sicherungsmittel haben, wenden Sie sich an unsere Fachanwälte für Handels- und Gesellschaftsrecht mit besonderer Expertise im Insolvenzrecht.

Ihr Ansprechpartner

Alexander Görtzel

Rechtsanwalt | Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
+49 821.65 05 340 | goertzel@dr-hille-heinemann.de

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