Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB

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November 2022

Haftungsfalle Sozialversicherungsrecht im Steuerberatermandat

Das Sozialversicherungsrecht birgt für Steuerberater ein erhebliches Haftungsrisiko. Hier können im Bereich der Steuerberaterhaftung binnen kürzester Zeit hohe Haftungssummen im Raum stehen und eine Deckung durch die Berufshaftpflichtversicherung wird regelmäßig abgelehnt.

Die Tätigkeit des Steuerberaters

Der Steuerberater ist zur umfassenden und erschöpfenden Beratung seines Mandanten verpflichtet. Diese Pflicht gilt jedoch nur für die Beratung und Hilfeleistung in Steuersachen. Die sozialversicherungsrechtliche Beratung ist hiervon nicht erfasst, da diese der anwaltlichen Beratung für Steuerrecht zugeordnet wird. Solche Rechtsberatung ist nicht Teil der Steuerberatertätigkeit. Der Steuerberater muss seinen Mandanten also nicht in sozialversicherungsrechtlichen Fragen beraten. Gleichzeitig ist der Steuerberater aber auch nicht zu einer solchen Beratung befugt. Wird der Steuerberater hier dennoch beratend tätig, stellt dies eine unerlaubte Rechtsberatung dar.

Verlässt der Steuerberater bei seiner Beratung den Bereich der erlaubten Tätigkeiten, werden dabei verursachte Schadensfälle wegen Beratungsfehlern regelmäßig nicht vom Versicherungsschutz der Berufshaftpflichtversicherer abgedeckt. Diese decken nur Beratungsfehler im Rahmen der erlaubten Steuerberatertätigkeit ab. Etwaige Schäden muss der Steuerberater bzw. die Steuerberatungsgesellschaft entsprechend im Rahmen der Steuerberaterhaftung aus eigenen Mitteln bezahlen. Sollte der Mandant auch nur wenige Mitarbeiter haben, können hier erhebliche Schadenssummen im Raum stehen, falls ein etwaiger Beratungsfehler nicht zeitnahe aufgedeckt und behoben wird.

Sozialversicherungsrechtliche Probleme bei der Lohnbuchführung

Mit dem Sozialversicherungsrecht kommen Steuerberater insbesondere im Rahmen der Lohnbuchführung in Berührung. Wesentliche Aufgaben des Steuerberaters bei der Lohnbuchführung sind die steuerliche Lohnabrechnung, die Führung des Lohnkontos und die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge. Der Steuerberater hat grundsätzlich auch die Beitragspflicht der Mitarbeiter und ob eine Befreiung von der Beitragspflicht in Betracht kommt zu prüfen. Für die Bearbeitung der Lohnbuchführung hat der Steuerberater bei seinem Mandanten die erforderlichen Unterlagen und Informationen einzuholen. Dabei darf sich der Steuerberater grundsätzlich auf die Angaben des Mandanten verlassen.

Hinsichtlich der Befreiung von der Beitragspflicht und bei Beschäftigung von freien Mitarbeitern ist der Mandant gegebenenfalls über eine mögliche Sozialversicherungspflicht und die Folgen der Nichtabführung von Beitragszahlungen zu belehren. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für Steuerrecht sollte empfohlen werden.

Stößt der Steuerberater bei der Prüfung der Beitragspflicht oder der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge auf tatsächlich oder rechtliche Schwierigkeiten oder Unklarheiten, ist er nicht berechtigt, den sozialversicherungsrechtlichen Fragen eigenständig nachzugehen. Solche Probleme können gerade auch bei der Prüfung der Beitragspflicht oder -befreiung eines Gesellschaftergeschäftsführers auftreten.

Die sozialversicherungsrechtliche Einordung eines Mitarbeiters – auch eines Gesellschaftergeschäftsführers – zählt zu den sozialversicherungsrechtlichen Fragen und ist damit nicht Teil der Steuerberatertätigkeit. Der Steuerberater ist also nicht berechtigt, den sozialversicherungsrechtlichen Status eines Mitarbeiters eigenständig zu ermitteln. Wird der Steuerberater in entsprechender Weise gegenüber seinem Mandanten beratend tätig, stellt dies eine unerlaubte Rechtsberatung dar.

Der Steuerberater ist allerdings verpflichtet, seinen Mandanten auf die tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten oder Unklarheiten hinzuweisen und die Überprüfung durch einen Rechtsanwalt zu empfehlen. Gibt der Steuerberater keinen solchen Hinweis, obwohl die Schwierigkeiten oder Unklarheiten für Ihn erkennbar waren, verletzt er seine Beratungspflichten im Rahmen der Lohnbuchführung.

Fazit

Die Sachverhaltsermittlung bei der Übernahme und Führung der Lohnbuchhaltung sollte stets in enger Abstimmung mit dem Mandanten erfolgen. Dies gilt insbesondere in solchen Fällen, in denen eine Befreiungen von der Beitragspflicht für Mitarbeitern des Mandanten im Raum stehen. Die Gründe für die Befreiung von der Beitragspflicht sollte sich der Steuerberater dezidiert vom Mandanten darlegen und belegen lassen (z.B. durch die Vorlage von Vorprüfung durch den Sozialversicherungsträger). Über eine mögliche Sozialversicherungspflicht und die Folgen der Nichtabführung von Beitragszahlungen sollte der Mandant stets belehrt und – soweit noch nicht geschehen – die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für Steuerrecht empfohlen werden.

Stößt der Steuerberater auf sozialversicherungsrechtliche Probleme und Unklarheiten im Rahmen der Lohnbuchführung ist der Mandant in jedem Fall hierauf hinweisen und die Überprüfung durch einen Anwalt für Steuerrecht zu empfehlen. Die sozialversicherungsrechtlichen Probleme und Unklarheiten sollten keinesfalls eigenmächtig bearbeitet werden, auch wenn der Mandant hierum bittet.

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