Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
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Februar 2025
Haftung von Steuerberatern bei Insolvenzverschleppung
Prüfung der Fortführungsfähigkeit des Unternehmens bei Jahresabschlusserstellung
In einem Urteil vom 25.1.2023 hat das OLG Köln (vom BGH bestätigt) die Haftung eines Steuerberaters im Zusammenhang mit Insolvenzverschleppung und -vertiefung geprüft. Nach der Rechtsprechung des BGH besteht grundsätzlich keine Pflicht des Steuerberaters zur Aufklärung des Mandanten über eine drohende Insolvenz im Rahmen eines allgemeinen Steuerberatungsmandats, es sei denn, es wurde eine ausdrückliche Vereinbarung diesbezüglich getroffen. Jedoch hat der BGH in seiner Rechtsprechung klargestellt, dass der Steuerberater im Rahmen der Jahresabschlusserstellung die Fortführungsfähigkeit des Unternehmens prüfen muss. Kommt der Steuerberater zu dem Schluss, dass die Fortführung nicht gerechtfertigt ist, muss er auf die Insolvenzgefahr hinweisen. In diesem Fall bejahte das OLG zutreffend eine Pflichtverletzung, da der Steuerberater trotz eines festgestellten bilanziellen Fehlbetrags und finanzieller Probleme im Jahresabschluss 2012 nicht die Geschäftsführung auf die Notwendigkeit einer weiteren Prüfung hingewiesen hatte.
Keine Prüfungspflicht bei sich verschließendem Geschäftsführer
Das OLG verneinte jedoch eine Pflichtverletzung im Rahmen eines Krisengesprächs im Januar 2013, in dem der Steuerberater die Geschäftsleitung auf die drohende Insolvenzgefahr hinwies. Das Gericht entschied, dass der Steuerberater in diesem Gespräch nicht verpflichtet war, die Insolvenzreife zu prüfen, sondern lediglich auf die Pflichten der Geschäftsführung hinzuweisen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Der Geschäftsführer hatte sich aber diesem Hinweis verschlossen und keine weiteren Maßnahmen getroffen.
Zentraler Punkt des Urteils war die Frage der hypothetischen Kausalität zwischen den Pflichtverletzungen und dem geltend gemachten Schaden. Das OLG stellte fest, dass die Geschäftsführung der Schuldnerin trotz des Krisengesprächs und der Hinweise des Steuerberaters über Jahre hinweg keine weiteren Prüfungen der Insolvenzreife veranlasst hatte und die Insolvenz immer wieder verdrängte. Erst als im Juni 2016 ein Großauftrag ausblieb, wurde der Insolvenzantrag gestellt. Das Gericht schloss daraus, dass auch bei früheren und deutlicheren Hinweisen des Steuerberaters die Geschäftsführung die Insolvenzverschleppung aufgrund ihrer leichtfertigen Haltung nicht rechtzeitig erkannt hätte.
Fazit zur Haftung von Steuerberatern bei Insolvenzverschleppung
Die Entscheidung verdeutlicht, dass die Haftung eines Steuerberaters im Insolvenzfall nur dann in Betracht kommt, wenn sein Verhalten direkt und ursächlich für die Insolvenzverschleppung ist. Die Geschäftsführung trägt jedoch die Verantwortung, bei Kenntnis von der Insolvenzgefahr zeitnah entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
