Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB

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Juli 2020

Geschäftsführerhaftung bei Insolvenzreife

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Herzlich willkommen zum Video-Blog von Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte. Wir befassen uns heute mit dem Thema verbotener Zahlungen durch den Geschäftsführer während der Insolvenzreife. Wenn Sie das interessiert, dann bleiben sie dran.

Wir leben zurzeit in Krisenzeiten. Corona ist auch bei den Unternehmen präsent und hat hier und da durchaus schon zu wirtschaftlichen Grenzsituationen geführt. Wir befassen uns heute mit dem Thema verbotener Zahlungen während der Insolvenzreife. Damit nicht das entsteht, was im Rahmen einer Krise entstehen kann: nämlich die unmittelbare Haftung des Geschäftsführers einer GmbH. Worum handelt es sich bei verbotenen Zahlungen? Der Gesetzgeber hat im GmbH-Gesetz eine Vorschrift eingefügt, in der enthalten ist, dass ein Geschäftsführer, der während der Insolvenzreife einer Gesellschaft Zahlungen an Gläubiger leistet und damit die Insolvenzmasse schmälert, diese aus persönlichem, privatem Vermögen an den Insolvenzverwalter zurückbezahlen muss. Das führt dann häufig zu Augenreiben bei den Geschäftsführern bezüglich mehrerer Themen: Nämlich der Frage, wann ist Insolvenzreife gegeben und welche Zahlungen durften überhaupt erlaubterweise in der Krisenphase beglichen werden? Doch wenden wir uns dem Thema der Reihe nach zu. Zunächst einmal stellt sich die Frage: Um was für Zahlungen handelt es sich? Zahlungen sind verboten, die der GmbH-Geschäftsführer während der Insolvenzreife leistet. Doch ist die Frage: Wann es denn Insolvenz gegeben? Es gibt die beiden wesentlichen Insolvenz Antragsgründe: Das ist die Zahlungsunfähigkeit oder aber die bilanzielle Überschuldung.

Beide zwei Punkte genauestens zu ermitteln stellt für den Geschäftsführer in der Regel schon eine große Herausforderung dar und er sollte sich, um seine Haftungsrisiken zu mildern, hier externer Berater zu Rate ziehen, um dieses Thema zu prüfen. Denn bei Zahlungsunfähigkeit ist ein Problem bei der Liquidität der Gesellschaft gegeben. Bei der Zahlungsunfähigkeit gilt nämlich die Pi mal Daumen Regel, die folgendes sagt: Wenn die GmbH innerhalb der nächsten drei Wochen weniger als 90 Prozent ihrer fälligen Verbindlichkeiten bezahlen kann, dann ist sie zahlungsunfähig. Bei der Überschuldung ist die Situation so, dass ein nicht durch Eigenkapital gedeckter finanzieller Fehlbetrag ausgewiesen wird. Hier stellt sich die Frage, wie dieser sich beseitigen lässt. Man kann damit arbeiten, dass man die Rangfolge der Verbindlichkeiten durch Rangrücktrittsvereinbarungen reguliert und damit den Fehlbetrag reduziert. Oder aber man hat eine positive Fortführungsprognose in der Schublade, die besagt, das Unternehmen kann auch selbst mit dem Fehlbetrag künftig weiter existieren. Eine solche Prognose sollte man nicht ohne Hinzuziehung eines externen Beraters, sprich Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater, erstellen. Wenn jedoch diese Krisensituation gegeben ist und entweder Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorliegt, sollte sich der Geschäftsführer hüten, welche Zahlungen er noch leistet. Ich gebe Ihnen da folgende Beispiele: Nehmen wir an, es werden Rechnungen an Gläubiger von einem im Guthaben geführten Konto der Gesellschaft bezahlt. Mit dieser Bezahlung reduziert der Geschäftsführer das Vermögen der Gesellschaft. Das führt zu ersatzpflichtigen Zahlungen des Geschäftsführers. Anders ist es beispielsweise, wenn die Zahlungen von einem sogenannten debitorischen, also im Soll geführten Konto der Gesellschaft bezahlt werden. Dann wird die Gläubigergemeinschaft nicht benachteiligt, sondern nur ein Gläubiger, nämlich die Bank. Das führt nicht zu einer Ersatzleistung.

Weiterhin kann zur Haftung führen, die Veräußerung eines Wirtschaftsgutes zu einem zu niedrigen Preis, denn dann hat das Gesellschaftsvermögen sein Wirtschaftsgut veräußert, dafür aber einen nicht gleichwertigen Kaufpreis erhalten und somit wurde auch wieder das Gesellschaftsvermögen gemindert. In Höhe der Differenz ist der Geschäftsführer zur Erstattung verpflichtet. Entscheidend für die Frage, ob verbotene Zahlungen erfolgt sind, ist auch der Punkt, ob ein entsprechender wirtschaftlich gleichwertiger Gegenwert in das Gesellschaftsvermögen zurückgeflossen ist. Nehmen wir das Beispiel der Anschaffung einer Maschine. Die Maschine wird vom Konto der Gesellschaft bezahlt, mindert also durch die Zahlung zunächst einmal das Vermögen. Aber die Maschine kommt ja umgekehrt als Gegenleistung wiederum in das Gesellschaftsvermögen zurück,

mit der Folge, dass, wenn beide Positionen vom Wert her gleich sind, keine Schmälerung des Gesellschaftsvermögens stattgefunden hat und somit auch keine Ersatzpflicht des Geschäftsführers besteht. Anders ist dies aber beispielsweise bei Zahlungen, die für Mieten oder laufende Leistungen wie Stromversorgung etc., Energiekosten beglichen werden. Diese Zahlungen sind verloren. Ein Gegenwert ist nicht dauerhaft im Gesellschaftsvermögen im Gegenzug dazu hineingeflossen. Kommen wir noch einmal zurück zum debitorisch geführten Konto, also einem im Soll stehenden Konto: Ich sagte eben, Zahlungen, die auf ein solches Konto geleistet werden, sind unter Umständen ersatzpflichtig, weil sie nur die Bank bevorteilen. Das ist aber dann nicht der Fall, wenn dieser Betriebsmittelkredit, der zu dem Sollstand geführt hat, durch Sicherheiten, die die Bank vorzeitig in Insolvenzverfahren ziehen kann, abgesichert sind. Denn da würde die Gutschrift auf dem debitorischen Konto ja zu einer insofern freiwerdenden Sicherheit führen, was wiederum der Gläubigergemeinschaft insgesamt zugutekäme.

So stellt sich des Weiteren die Frage: An wen richtet sich diese Haftungsvorschrift? Betroffen sind natürlich Geschäftsführer, auch faktische Geschäftsführer, auch im Falle, dass mehrere Geschäftsführer in der Unternehmensleitung sind, sind alle Geschäftsführer gleichermaßen betroffen, was insbesondere für die Phase der Krise gilt. Gesellschafter und Mitarbeiter, auch leitende Angestellte wie z.B. Prokuristen sind von dieser Ersatzpflicht nicht betroffen. Des Weiteren findet sich in diesem Paragraphen 64 des GmbH-Gesetzes, welcher diese Ersatzpflicht vorsieht, auch eine leichte Entlastungsvorschrift, die da sagt:

Solche Zahlungen, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes verbunden sind, sind keine verbotenen Zahlungen. Da stellt man sich natürlich die Frage: Was ist das? Ich will Ihnen das an einem klassischen Zielkonflikt, den GmbH-Geschäftsführer in der Krise haben kann, gerne erläutern. Nehmen Sie folgenden Fall: Die Gesellschaft ist in der Krise und es müssen Löhne bezahlt werden. Bislang bestand ein Konflikt dahingehend, dass der Arbeitgeber sowohl die Sozialversicherungsbeiträge als auch die Lohnsteuer abführen musste. Umgekehrt er aber in der Vergangenheit vom Insolvenzverwalter dann später den Vorwurf bekam, er hätte sie gar nicht bezahlen dürfen, weil das zu einer Schmälerung des Gesellschaftsvermögens geführt hat. Diesen Zielkonflikt hat der BGH mittlerweile seit einigen Jahren aufgelöst und es gilt nun mehr folgende Regelung: Wenn der Geschäftsführer Arbeitgeberbeiträge zur Schmälerung des Gesellschaftsvermögens bezahlt, haftet er hierfür persönlich und muss diese erstatten. Denn wenn er Arbeitgeberbeiträge „hinterzieht“ macht er sich nicht strafbar. Er macht sich nur dann strafbar, wenn er Lohnsteuerbeiträge hinterziehen würde oder aber Sozialversicherungsbeiträge in Höhe des Arbeitnehmeranteils hinterziehen würde. Wenn er also diese Beiträge gleichwohl zur Vermeidung dieser Strafbarkeit an den Arbeitnehmer und das Finanzamt ausbezahlt, besteht insofern keine Ersatzpflicht zugunsten des Insolvenzverwalters. Das Ganze muss natürlich schuldhaft und zumindest fahrlässig erfolgt sein. Der Geschäftsführer muss also eine Ahnung davon haben, dass Insolvenzreife gegeben ist, ansonsten fällt natürlich eine Ersatzpflicht aus. Es gibt selten Fälle, in denen einem Geschäftsführer in einer kritischen Situation nicht mindestens Fahrlässigkeit wird nachgewiesen werden können. Aber um sich an der Stelle zu entlasten, kann hier nur der Rat gelten: Ziehen Sie sich rechtzeitig einen externen Berater hinzu.

Es stellt sich abschließend noch die Frage: Was ist von der Ersatzpflicht umfasst? Umfasst sind alle Zahlungen, die zur Schmälerung des Gesellschaftsvermögens und damit zur Benachteiligung der Gläubigergemeinschaft führen. Diese Zahlung hat der Geschäftsführer also grundsätzlich vollständig zu ersetzen.

Er wird sich da allerdings die Frage stellen: Moment, ich habe doch eine D&O-Versicherung, die diese Zahlungen gegebenenfalls abdeckt! Grundsätzlich wäre das der Fall, wenn es sich bei diesem Ersatzanspruch um einen sogenannten Schadenersatzanspruch handelt. Das ist jetzt ein wenig juristisch abstrakt, aber genau da liegt der Hase im Pfeffer: Denn viele D&O-Versicherungen decken nur Schadensersatzansprüche. Bei den Ersatzansprüchen aus der Insolvenzverschleppung handelt es sich aber nicht um einen originären Schadensersatzanspruch, sondern – wie die Juristen sagen – um einen Anspruch eigener Art. Er ist also, wie das OLG Düsseldorf beispielsweise in einer Entscheidung 2018 entschieden hat, nicht vom Versicherungsschutz gedeckt.

Das heißt, wenn das Glück fehlt, kann das Pech noch hinzukommen! Nämlich, dass die D&O-Versicherung Ersatzleistungen nach § 64 GmbH-Gesetz gar nicht deckt. Das wäre zu prüfen und gegebenenfalls mit der Versicherungsgesellschaft nachzuverhandeln.

Wenn Sie noch weitere Fragen zum Thema Haftung des Geschäftsführers in der Insolvenz oder in der Krise der GmbH haben, kommen Sie gerne auf uns zu. Verfolgen Sie auch unseren YouTube Kanal sowie unseren Podcast und besuchen Sie auch gerne unsere Blog-Seite auf Insolvenzhaftung.com. Ich freue mich auf Sie beim nächsten Mal!

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