Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB

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Juli 2024

Die Familienstiftung – die Lösung für Erblasser?

Vermögen übertragen durch die unselbstständige Familienstiftung

Die Familienstiftung ist im Rahmen der Nachfolgeplanung für große und mittlere Vermögen aktuell sehr im Trend. Die Zahl der rechtsfähigen Stiftungen hat sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt. Etwa 30 % der Familienstiftung in Deutschland investieren in Immobilien. Das ist mit Abstand der größte Asset-Bereich vor Aktien, Unternehmensanleihen, Unternehmensbeteiligungen und sonstigen Vermögenswerten. Grund genug, sich die Möglichkeit der Gründung einer Stiftung zur Übertragung von Vermögen näher anzusehen. Dabei kommt immer wieder das Institut der Familienstiftung ins Gespräch. Hier können vermögende Privatpersonen ihren Nachlass in eine Stiftung übertragen, deren Erträge dann den Erben oder einem gemeinnützigen Zweck zugutekommen können.

Man unterscheidet rechtlich zwischen der rechtsfähigen und der nicht rechtsfähigen Stiftung. Letztere wird auch als unselbständige Stiftung bezeichnet und soll in diesem Beitrag wegen der unkomplizierten Gestaltungsmöglichkeiten im Mittelpunkt stehen.

Wie entsteht eine unselbständige Familienstiftung?

Eine unselbständige Familienstiftung wird (anders als bei einer rechtsfähigen Stiftung) nicht durch einen Stiftungsakt und die Errichtung einer Stiftungsurkunde als einseitige Willenserklärung zur Vermögensnachfolge durch den Stifter gegründet, sondern bedarf nur eines schuldrechtlichen Vertrages zwischen dem Stifter und dem Stiftungsträger. Vorrangig werden zwischen diesen Parteien entweder ein Treuhandvertrag oder ein Schenkungsvertrag mit Auflagen abgeschlossen. Doch ist die unselbstständige Familienstiftung nicht nur ein Gestaltungsmittel zu Lebzeiten, sondern kann auch durch Testament oder Erbvertrag errichtet werden, indem der Stiftungsträger als Erbe oder Vermächtnisnehmer eingesetzt wird mit der Auflage, den vom Erblasser näher definierten Stiftungszweck künftig dauerhaft zu erfüllen.

Welche Vorteile hat die unselbstständige Familienstiftung?

Rechtsfähige Familienstiftungen unterliegen der Stiftungsaufsicht durch die zuständige Stiftungsbehörde (in Augsburg ist dies die Regierung von Schwaben). So sind an diese regelmäßig Wirtschaftsberichte zu verfassen und zu übersenden. Vermögensänderungen oder gar die Veränderung des Kapitalstocks bedürfen der Zustimmung der Stiftungsaufsicht. Die nicht rechtsfähige und somit unselbstständige Familienstiftung ist hingegen nicht der Behördenaufsicht unterworfen. Sie muss deswegen von ihr auch nicht anerkannt werden, was die Gründung beschleunigt.

Welche Kapitalausstattung ist für die Familienstiftung notwendig?

Das Gesetz schreibt kein Mindestkapital für eine Familienstiftung vor. Das gilt sowohl für die rechtsfähige als auch für die unselbständige Familienstiftung. Um jedoch als rechtsfähige Familienstiftung anerkannt zu werden, fordern die Behörden einen ausreichenden Kapitalstock, der in der Regel nicht unter 100.000 € liegen sollte, da ansonsten die daraus resultierenden Erträge nicht einmal die laufenden Verwaltungskosten der Stiftung abdecken würden. Bei der unselbständigen Familienstiftung besteht dieses Kapitalerfordernis hingegen nicht.

Welche Organisationsstruktur muss die unselbstständige Familienstiftung vorhalten?

Während die rechtsfähige Familienstiftung einen Vorstand haben muss und gegebenenfalls einen Stiftungsrat gründet, ist dies für die unselbständige Familienstiftung nicht erforderlich. Diese kann in die Organisation des Stiftungsträgers eingegliedert werden.

Kann die Familienstiftung während ihres Bestehens geändert werden?

Bei rechtsfähigen Familienstiftung ist die Änderung im Nachhinein nur sehr schwer möglich, da sie dafür die Genehmigung der Stiftungsbehörde benötigt. Das ist bei der unselbstständigen Familienstiftung nicht der Fall. Hier müssen die Vorgaben der Stiftungsgesetze der Länder nicht eingehalten werden. Vielmehr ist für eine nachträgliche Änderung der Struktur der Stiftung die Zustimmung des Stifters erforderlich; sollte dieser bereits verstorben sein, treten an seine Stelle die Erben.

Hat die unselbständige Familienstiftung steuerliche Vorteile?

Der Bundesfinanzhof hat zwischenzeitlich entschieden, dass die Erbersatzsteuer, welche auf das Vermögen einer Familienstiftung in Zeitabständen von je 30 Jahren erhoben wird, bei unselbständigen Stiftungen nicht anfällt. Allerdings ist der Stiftungsträger als Empfänger des Stiftungsvermögens regelmäßig schenkungs- und erbschaftssteuerpflichtig. Ferner muss auch die unselbständige Stiftung ihr Einkommen nach dem Körperschaftsteuergesetz versteuern. Insofern wird auch die unselbständige Familienstiftung wie eine rechtsfähige Stiftung behandelt.

Wer kommt als Stiftungsträger in Betracht?

Stiftungsträger, d. h. Treuhänder oder ein mit Auflagen belasteter Beschenkter können grundsätzlich alle juristischen Personen oder natürlichen Personen sein. Es gibt viele Beispiele, bei denen Stiftungsträger als öffentlich-rechtliche Körperschaften z.B. bei den Kommunen oder bei öffentlichen Sparkassen angesiedelt sind. Es gibt aber auch freie Anbieter. Hier ist Vorsicht geboten. Der Stiftungsträger muss sorgfältig ausgewählt werden, da er nicht ohne weiteres ausgetauscht werden kann. Es muss sich deshalb um eine seriöse Institution handeln, die dauerhaft in der Lage ist, den Zweck des Stifters im Rahmen der unselbstständigen Stiftung zu verfolgen. Hierzu ist wichtig, dass er über ausreichende wirtschaftliche Bonität verfügt und über eine zweifelsfrei ordnungsgemäße Vermögensverwaltung.

Gibt es auch Risiken der unselbstständigen Familienstiftung?

Hinterlässt der Stifter Erben, treten diese in das Stiftungsverhältnis nach dem Todesfall des Stifters ein. Sie sind in der Lage, zu ihren Gunsten und gegebenenfalls auch gegen den Willen des Stifters den Stiftungszweck abzuändern oder die Familienstiftung sogar aufzuheben. Ferner kann die Familienstiftung durch Kündigung und Widerruf bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen vorzeitig beendet werden. Und schließlich ist das Stiftungsvermögen nicht vor dem Zugriff von Gläubigern geschützt. So können Gläubiger des Stiftungsträgers uneingeschränkt auf das Stiftungsvermögen zugreifen. Ferner können Gläubiger des Stifters z.B. den Anspruch des Stifters auf Rückübertragung des Stiftungsvermögens pfänden. All dies kann den Bestand der Familienstiftung gefährden. Wird die unselbständige Familienstiftung im Wege der Schenkung unter Auflagen errichtet, können Gläubiger des Stifters oder seine Erben zwar zunächst nicht auf der Stiftungsvermögen zugreifen, aber die Übertragung des Vermögens auf den Stiftungsträger gegebenenfalls nach dem Anfechtungsgesetz anfechten und die Herausgabe des Stiftungsvermögens verlangen.

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Familienstiftung als Lösung zur Vermögensübertragung & Nachfolgeplanung

Ihr Ansprechpartner

Hans-Peter Heinemann

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