Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
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Mai 2025
Equity Bridge statt Wandeldarlehen: Wie Startups Eigenkapital überbrücken
Die Finanzierung von Startups in der Pre-Seed- oder Bridge-Phase stellt Gründer und Investoren regelmäßig vor Herausforderungen. Besonders bei der Zwischenfinanzierung vor einer geplanten Kapitalerhöhung stellt sich die Frage: Wie lässt sich kurzfristig Kapital bereitstellen, ohne die Bilanz zu belasten oder steuerliche Risiken einzugehen? Ein vielversprechender Weg: Die Equity Bridge – ein smarter Eigenkapital-Vorgriff mit mehreren Vorteilen gegenüber klassischen Wandeldarlehen oder SAFEs.
Was ist eine Equity Bridge?
Die Equity Bridge ist eine Form der Vorab-Finanzierung, bei der Investoren Eigenkapital zuführen, das später in echte Anteile umgewandelt wird – jedoch nicht über ein Darlehen, sondern direkt mit Eigenkapitalcharakter. Der Clou: Es handelt sich nicht um ein klassisches „SAFE“ (Simple Agreement for Future Equity). Das Ziel ist: Kapital fließt ins Startup, ohne Fremdkapitalpositionen zu erzeugen – was rechtlich, bilanziell und steuerlich entscheidende Vorteile bringt.
Equity Bridge durch Zuzahlung in die Kapitalrücklage – nur für bestehende Gesellschafter
Die Vorteile sind:
- Keine Belastung der Bilanz mit Verbindlichkeiten (kein Fremdkapital).
- Keine Einordnung als „Unternehmen in Schwierigkeiten“ – relevant für Fördermittel.
- Keine Diskussion über Werthaltigkeit bei späterer Wandlung (steuerlich heikel bei Darlehen).
Bestehende Gesellschafter leisten Zuzahlungen in die Kapitalrücklage gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB. Diese Zahlung erfolgt zusätzlich zu bereits gehaltenen Anteilen, ohne sofort neue Anteile auszugeben.
Um die Investition wirtschaftlich attraktiv zu machen, erhalten diese Gesellschafter im Gegenzug ein Optionsrecht auf den Erwerb neuer Anteile in der nächsten Finanzierungsrunde – ähnlich einem Wandeldarlehen. Dieses Recht kann durch genehmigtes Kapital nach § 55a GmbHG abgesichert werden.
Steuerlich ist folgendes zu beachten: Wird ein Gesellschafter „disquotal“ (also nicht im Verhältnis zu seinen Anteilen) begünstigt, kann dies als Schenkung gewertet werden (§ 7 Abs. 8 ErbStG). Eine sorgfältige Ausgestaltung – etwa durch Liquidationspräferenzen oder Gegenleistungen – verhindert schädliche steuerliche Effekte.
Genussrechtskapital: Die Equity Bridge für neue Investoren
Für Investoren, die noch keine Gesellschafter sind, ist eine Zuzahlung in die Kapitalrücklage nicht möglich. Stattdessen bietet sich Genussrechtskapital als flexibles, eigenkapitalähnliches Instrument an.
Was sind Genussrechte? Genussrechte sind vertraglich frei gestaltbare Beteiligungsformen, die keinen Gesellschafterstatus vermitteln – also keine Stimmrechte, aber je nach Ausgestaltung eine Beteiligung an Gewinn, Liquidationserlös und Verlust. Damit eignen sie sich hervorragend für überbrückende Eigenkapital-Investments, die später in echte Anteile münden sollen.
Es bestehen sogar bilanzielle und steuerliche Vorteile: Wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind, gelten Genussrechte bilanziell als Eigenkapital (nach IDW/HFA 1/94) – insbesondere bei:
- Nachrangigkeit gegenüber anderen Gläubigern;
- Erfolgsabhängiger Vergütung;
- Verlustbeteiligung bis zur Höhe des Kapitals;
- Langfristiger Überlassung.
Auch steuerlich werden sie als Eigenkapital behandelt, sofern keine Rückzahlung geplant ist. Die Vorteile gegenüber Wandeldarlehen sind:
- Kein Wandlungsprozess nötig → kein Umrechnungsrisiko oder Steueraufwand;
- Keine Fremdkapitalverpflichtung → keine Unterbilanzgefahr;
- Kein Bewertungsbedarf → ideal für frühe Phasen.
Die Ausgabe erfolgt über einen Genussrechtsvertrag, der auch ein Optionsrecht auf spätere Anteile vorsehen kann – ohne Wandlungspflicht oder notarielle Beurkundung.
Fazit: Equity Bridge als flexibles Eigenkapitalinstrument
Ob über Zuzahlung in die Kapitalrücklage (für Gesellschafter) oder über Genussrechtskapital (für neue Investoren) – die Equity Bridge bietet eine clevere, rechtssichere und steuerlich vorteilhafte Alternative zum klassischen Wandeldarlehen.
Startup-Gründer profitieren von einer soliden Bilanz und besserer Förderfähigkeit. Investoren profitieren von frühzeitigem Einstieg mit klar definierten Rechten und späteren Anteilen – ohne sofortige Bewertung und ohne Rückzahlungsrisiken.
Tipp für Startups: Equity Bridge in Beteiligungsverträgen strategisch verankern
Verankert in Euren Beteiligungsverträgen eine generelle Zustimmung aller Gesellschafter, dass vorgezogene Eigenkapitalinvestments (Equity Bridges) unter die gleichen Vorrechte fallen wie spätere Finanzierungsrunden – etwa bei Liquidationspräferenzen oder Discounts. Das erspart aufwendige Einzelverhandlungen.
Die konkrete Ausgestaltung einer Equity Bridge – ob über Kapitalrücklage oder Genussrechte – erfordert sorgfältige rechtliche Planung, um bilanzielle, gesellschaftsrechtliche und steuerliche Fallstricke zu vermeiden.
Wenn Sie prüfen möchten, ob eine Equity Bridge zu Ihrer Finanzierungsstrategie passt, begleiten wir Sie gerne bei der rechtssicheren Umsetzung. Sprechen Sie uns an – wir unterstützen Sie mit fundierter rechtlicher Beratung und praxisnahen Lösungen.

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Hans-Peter Heinemann
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