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Januar 2022

BGH: Verhältnismäßigkeit von Geschenken und Straftat der Untreue

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in seinem Urteil vom 18.05.2021, Az. 1 StR 144/20, zur Bedeutung von Geschenken und Spenden sowohl an Leitungsorgane eines kommunalen Unternehmens als auch zur Verhältnismäßigkeit von (Luxus-) Geschenken geäußert.

 

Sachverhalt

Das Landgericht München II hatte einen früheren Vorstandsvorsitzenden (A) einer Kreissparkasse und den damaligen Vorsitzenden (B) des die Aufsicht über den Vorstand ausübenden Verwaltungsrats wegen Untreue in jeweils mehreren Fällen zu Freiheitsstrafen verurteilt. Die Angeklagten hatten in den Jahren 2009-2012 wiederholt mit Mitteln der Kreissparkasse Ausgaben getätigt, die nicht dem Zweck der Kreissparkasse dienten. Die Angeklagten verreisten unter anderem mit ihren Ehefrauen und anderen Verwaltungsratsmitgliedern für über 70.000 € in 5*-Hotels und veranstalteten Abschlussessen nach überregionalen Zusammenkünften der Landräte auf Kosten der Kreissparkasse. Der A bestritt zudem Ausgaben für einen Jagdverein auf Kosten der Sparkasse. Auch bezahlte er die Kosten für eine private Geburtstagsfeier eines Verwaltungsratsmitglieds mit Geldern der Kreissparkasse.

Das Landgericht sprach den Angeklagten B lediglich hinsichtlich getätigter Spenden an einen Naturschutzverein und bezahlter Weihnachtsgeschenke an Kollegen aus dem Verwaltungsrat und dem Vorstand vom Vorwurf der Untreue frei.

 

Entscheidung

Der BGH bestätigte zwar die Verurteilung der Angeklagten in weiten Teilen, hob jedoch die Verurteilung wegen Untreue hinsichtlich der Übernahme von Kosten für Abschlussessen nach überregionalen Zusammenkünften der Landräte auf. Der BGH argumentierte damit, dass die Abendessen auch dem Erfahrungsaustausch der Landräte dienten, und die Ausgaben somit im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Landkreises als Träger der Kreissparkasse standen. Die Kreissparkasse kam folglich ihrer gesetzlichen Aufgabe nach, den Landkreis in regionalpolitischen Bereichen zu unterstützen. Daraus ergebe sich die Orientierung am Unternehmenszweck der Kreissparkasse, im Rahmen ihres öffentlichen Auftrages Zwecke des Kreises als Trägerin zu fördern.

Allerdings hob der BGH die Freisprüche in Bezug auf Spenden an den Naturschutzverein und die Verteilung von luxuriösen Weihnachtsgeschenken auf. Den Spenden an den Naturschutzverein sei kein unternehmerischer Zweck zu entnehmen. Der Verwaltungsrat habe insoweit seine Vermögensbetreuungspflicht verletzt.

Hinsichtlich der Luxus-Geschenke an die Leitungsorgane der Kreissparkasse habe das Landgericht in seiner Entscheidung verkannt, dass es hierbei um Zuwendungen innerhalb der Kreissparkasse ging. Die Geschenke dienten folglich von vornherein nicht der Förderung des Unternehmenszwecks der Kreissparkasse. Bei der Frage der Zulässigkeit von Geschenken im Innenverhältnis sei ein strengerer Maßstab anzusetzen. Nach Ansicht des BGH sind im Innenverhältnis nur Geschenke in einem bescheidenen Rahmen wie etwa geringwertige Aufmerksamkeiten aus Höflichkeit und Anstand anlässlich gesetzlicher Feiertage oder besonderer Ereignisse zulässig, nicht aber Luxusgeschenke wie teure Reisen und Hotelaufenthalte.

 

Praxishinweis

Der BGH stellt mit seiner Entscheidung nochmals klar, dass sich die Gewährung von Geschenken und Spenden am Unternehmenswohl und Unternehmenszweck zu orientieren hat. Es dürfen keine persönlichen Präferenzen der Organe einer kommunalen Gesellschaft damit berücksichtigt werden. Außerdem müssen sich Geschenke immer am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientieren. Der BGH hat mit diesem Urteil Luxusgeschenken eindeutig einen Riegel vorgeschoben. Insbesondere können übermäßige Zuwendungen sogar den Anfangsverdacht der Vorteilsgewährung von Organträgern bedeuten, was eine weitere Strafbarkeit auslösen könnte.

Thorsten Ruffing
Rechtsanwalt
Tätigkeitsschwerpunkte: Steuerrecht, Erbrecht

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