Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
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Mai 2025
Aussonderungsrecht und Absonderungsrecht: Sonderrechte von Gläubigern in der Insolvenz
Ist für den Unternehmer die Stellung des Insolvenzantrags unvermeidlich und das Regelinsolvenzverfahren eröffnet, stellt sich für den einzelnen Gläubiger regelmäßig die Frage, ob er hinsichtlich seiner Forderungen noch Zahlungen oder die Herausgabe von Gegenständen verlangen kann. Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden, sondern ist in jedem Fall einzeln zu prüfen. Da ab der Verfahrenseröffnung die Verwaltung des unternehmerischen Vermögens einzig und allein dem Insolvenzverwalter obliegt, sind Art und Umfang des jeweiligen Anspruchs diesem gegenüber anzumelden und zu begründen. Ob und inwieweit dann Zahlungen oder die Herausgabe von Gegenständen erfolgt, prüft der Insolvenzverwalter auf Grundlage der Insolvenzordnung. Diese differenziert grundsätzlich nach Insolvenzforderungen und Masseforderungen einerseits. Daneben existieren andererseits gewisse Sonderrechte, deren Bestand unter anderem von vertraglichen Vereinbarungen abhängig sein kann.
Insolvenzforderungen vs Masseverbindlichkeiten im Insolvenzverfahren
Der Insolvenzgläubiger hat grundsätzlich Anspruch auf eine Quote, die sich nach Verwertung der Insolvenzmasse im Verhältnis zu seiner Insolvenzforderung ergibt. Nach Prüfung einer angemeldeten Forderung durch den Insolvenzverwalter und Feststellung als begründet zur Insolvenztabelle wird der Insolvenzgläubiger bei der Quotenbildung berücksichtigt. Bei Verteilungsquoten, welche im Normalfall 5 – 10 % nicht übersteigen, fällt der Gläubiger mit seiner Forderung also in erheblichem Umfang aus. Wird seine Forderung als unbegründet bestritten, erhält er dagegen keine Quote.
Sogenannte Masseverbindlichkeiten dagegen werden grundsätzlich vorrangig und bei gewöhnlichem Verfahrensverlauf fast vollständig bedient. Das sind insbesondere solche Verbindlichkeiten, die der Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse eingegangen ist. Dazu zählt zum Beispiel ein Mietvertrag, der zur Aufrechterhaltung des insolventen Betriebes zunächst zwingend beibehalten werden soll oder auch die Fortführung von Arbeitsverhältnissen auf Kosten der Insolvenzmasse.
Sonderrechte für Gläubiger: Aussonderungsrecht und Absonderungsrecht
Es gibt eine weitere Gruppe von Gläubigern, die Sonderrechte genießt. Das sind insbesondere solche Gläubiger, die Anspruch auf Herausgabe eines Gegenstandes haben (sog. Aussonderung) oder auf bevorzugte Zahlung aus der Verwertung eines Gegenstandes (sog. Absonderung) aus der Insolvenzmasse haben.
Aussonderungsrecht im Insolvenzverfahren: Eigentum und Herausgabeansprüche
Zur richtigen Einordnung ist insbesondere die rechtliche Frage zu beleuchten, wer Eigentümer eines Gegenstands ist. Denn zur Insolvenzmasse gehört nur dasjenige Gesellschaftsvermögen, welches auch tatsächlich im Eigentum der insolventen Gesellschaft steht. Hat ein Dritter Eigentum an einem Gegenstand, den das insolvente Unternehmen in Besitz (= tatsächliche Gewalt) hat, so kann der Eigentümer diesen Gegenstand vom Insolvenzverwalter herausverlangen.
Überlässt zum Beispiel ein Unternehmen auf Grundlage eines Leihvertrags dem insolventen Unternehmen eine Produktionsmaschine, so verbleibt letztendlich diese Maschine im Eigentum des nicht insolventen Unternehmens (= Verleiher). Dieses kann dann grundsätzlich die Maschine vom Insolvenzverwalter unmittelbar herausverlangen.
Aber auch Unternehmer, die dem späteren Insolvenzschuldner unter Vereinbarung eines einfachen Eigentumsvorbehaltes eine Maschine geliefert und diese noch nicht vollständig bezahlt bekommen haben, können vom Insolvenzverwalter die Herausgabe des unter einfachem Eigentumsvorbehalt stehenden Gegenstandes verlangen.
Absonderungsrecht in der Insolvenz: Verwertungserlös und Sicherungsrechte
Anders liegt der Fall beim verlängerten oder erweiterten Eigentumsvorbehalt. Hier besteht für bestimmte die Gläubiger ein sogenanntes Absonderungsrecht. Hierbei hat der Insolvenzverwalter die Möglichkeit, einen Gegenstand zu veräußern. Er muss den daraus erzielten Erlös – nach Abzug von Verwertungskosten – an den Absonderungsberechtigten auskehren. Weitere typische Fälle eines Absonderungsrechts sind die Sicherungsübereignung einer Maschine oder die Sicherungsabtretung von Forderungen an eine kreditfinanzierende Bank. Der Unterschied zum Aussonderungsrecht besteht also darin, dass der Absonderungsgläubiger lediglich den Verwertungserlös anteilig verlangen kann, nicht aber die Herausgabe des Gegenstands selbst.
Wenn Sie Fragen rund um das Thema Insolvenz, Masseverbindlichkeiten, Aussonderungsrechte und Absonderungsrechte haben, wenden Sie sich an unsere Fachanwälte für Handels- und Gesellschaftsrecht mit besonderen Kenntnissen im Insolvenzrecht.

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Alexander Görtzel
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