Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
Pröllstraße 24 | 86157 Augsburg.
Telefon +49 (0) 821.650 534-0
November 2021
Amtsniederlegung des GmbH-Geschäftsführers beseitigt nicht seine Auskunftspflicht gegenüber der Gesellschaft
Mit Beschluss vom 22. Juni 2021 hat der BGH (II ZR 140/20) zur Darlegungs- und Beweislast einer GmbH im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Schadensersatz- und Auskunftsansprüchen gegen einen ehemaligen Geschäftsführer einer GmbH Stellung bezogen.
Der Sachverhalt
Der Geschäftsführer einer GmbH, die Serviceleistungen im IT-Bereich erbrachte, legte sein Amt als Geschäftsführer nieder und übertrug seine Anteile auf eine UG. Ferner wurde behauptet, er habe die Kündigungen wesentlicher Mitarbeiter gesteuert und koordiniert und deren Wechsel sowie die Übertragung von Kunden zu Konkurrenzunternehmen veranlasst, wodurch im Ergebnis der Geschäftsbetrieb ohne Ausgleich und Zustimmung der Gesellschafterversammlung auf einen Mitbewerber übergegangen sei. Nunmehr verlangt die geschädigte Gesellschaft Auskunft und Schadensersatz. Dabei war die Frage streitig, ob auch ein ehemaliger Geschäftsführer zur Auskunftserteilung verpflichtet ist, nachdem er bereits als Geschäftsführer ausgeschieden war.
Das Urteil
Soweit eine GmbH Schadensersatzansprüche gegen ihren ehemaligen oder aktuellen Geschäftsführer geltend macht, so hat sie darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass ihr ein Schaden durch ein potenziell pflichtwidriges Verhalten des Geschäftsführers entstanden ist, sowie die Höhe solch eines Schadens. Den Geschäftsführer dagegen trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er seine Sorgfaltspflichten gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG erfüllt hat, ihm kein Verschulden vorzuwerfen ist oder dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativerhalten eingetreten wäre.
Im vorliegenden Fall war insbesondere streitig, auf welche Art und Weise der ehemalige Geschäftsführer Mitarbeiter zu einem Wechsel zu einem Konkurrenzunternehmen eingeleitet, welche Gespräche er mit diesen geführt hatte und inwieweit er Kunden dazu veranlasst hatte, ihre Serviceverträge auf das Konkurrenzunternehmen überzuleiten. Da der betreffende Geschäftsführer nahezu allein gehandelt hatte, verlangte die Gesellschaft von ihm entsprechende Auskünfte.
Der BGH stellt in seinem Beschluss klar, dass die Auskunftspflicht eines Geschäftsführers auch nach der Beendigung des Geschäftsführeranstellungsverhältnisses fortbesteht. Denn das Auskunftsinteresse ergibt sich bereits aus dem begründeten Verdacht einer Pflichtverletzung und der Wahrscheinlichkeit eines daraus resultierenden Schadens. Die Auskunftspflicht wird auch nicht dadurch eingeschränkt, dass der Geschäftsführer mit der verlangten Auskunft seiner eigenen Pflichtverletzung offenbaren würde.
Damit wird die in der Literatur herrschende Meinung, nach welcher einer GmbH auch nach dem Ausscheiden eines Geschäftsführers ein Auskunftsanspruch gegen den ausgeschiedenen Geschäftsführer zukommt, bestätigt.
Der BGH führt aus, dass die Auskunftspflicht eines Geschäftsführers grundsätzlich unabhängig davon gilt, ob die Gesellschaft die vom Geschäftsführer begehrten Informationen zur Vorbereitung weiterer Ansprüche benötigt oder nicht. Vielmehr genügt das allgemeine Interesse der Gesellschafter, die Tätigkeit des Geschäftsführers zu kontrollieren.
Praxishinweis
Der BGH konkretisiert in seinem Beschluss die prozessualen Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast einer klagenden GmbH. Der begründete Verdacht eines sorgfaltspflichtwidrigen Verhaltens des Geschäftsführers, in Verbindung mit konkreten Anhaltspunkten, ist ausreichend, um Auskunftsansprüche geltend machen zu können.
Will eine Gesellschaft ihren ehemaligen Geschäftsführer in die Haftung nehmen, gilt es, sehr genau zu prüfen, ob und inwieweit von ihm Auskunft verlangt werden kann.
Korbinian Fürstenau
Rechtsanwalt